Klingeln, Pfeifen, Piepsen: Nach Angaben der Deutschen Tinnitus-Stiftung leiden weit über elf Millionen Deutsche unter störenden Geräuschen im Ohr. Für viele ist die Situation unerträglich, der Tinnitus bestimmt ihren Alltag. Damit die Geräusche nicht chronisch werden, ist es wichtig, Tinnitus-Auslöser möglichst früh auszuschalten.
Tinnitus ist eigentlich keine Erkrankung, sondern ein Symptom, das von vielen unterschiedlichen Grunderkrankungen ausgelöst werden kann, darunter Kiefergelenkstörungen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Knalltrauma oder Hörsturz. Stress, Angstzustände und depressive Verstimmungen gehören ebenfalls zu den viel diskutierten Risikofaktoren für die störenden Geräusche im Ohr. Bei etwa 45 Prozent aller Betroffenen können die Ärzte allerdings keine eindeutige Ursache feststellen, wie die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. erklärt. Dann sprechen Mediziner von dem sogenannten idiopathischen Tinnitus.
Vom akuten zum chronischen Tinnitus
Bei etwa 70 Prozent der Tinnitus-Patienten klingen die Geräusche innerhalb von zwei Monaten wieder ab, oftmals ganz ohne Therapie. Doch manchmal verschwindet das Pfeifen nicht mehr aus dem Kopf. Ein chronischer Tinnitus liegt vor, wenn die Beschwerden länger als drei Monate andauern. Anders als früher wird ein Pfeifgeräusch im Ohr heute nicht mehr als Notfall behandelt. Betroffene sollten dennoch zeitnah zum Arzt gehen. Medikamente können dazu beitragen, dass sich die Situation schneller bessert.
Ohrgeräusche auch ohne Hörnerv
Laut der Deutschen Tinnitus-Stiftung gelingt es dem Gehirn dann meist nicht mehr, die akustischen Informationen aus der Wahrnehmung auszublenden. Der Tinnitus kommt dann nicht mehr «aus dem Ohr», sondern findet im sogenannten Limbischen System statt. Aus diesem Grund kann ein Tinnitus selbst dann noch bestehen, wenn der Hörnerv durchtrennt ist und gar keine Schallsignale mehr vom Ohr zum Gehirn weitergeleitet werden können.
Tinnitus-Beschleuniger erkennen und vermeiden
Doch was kann man gegen das Pfeifen im Ohr tun? Die Therapie richtet sich immer nach der Ursache des Tinnitus und wird von den behandelnden Ärzten individuell zusammengestellt. Allerdings kann jeder auch selbst etwas gegen die Geräusche tun. Wichtig ist, bekannte Risikofaktoren auszuschalten.
Eine der wichtigsten Maßnahmen ist es, Stress zu reduzieren. Der Betroffene sollte versuchen, kürzerzutreten und belastende Situationen – sei es im privaten oder im beruflichen Umfeld – zu verringern. Gezielte Entspannungsübungen können helfen, die innere Balance wiederzufinden und ruhiger sowie gelassener zu werden. Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga und Tai Chi haben in der Tinnitus-Therapie daher einen festen Platz.
Auch Lärm schadet. Er kann die Ohrgeräusche auslösen und einen bereits bestehenden Tinnitus verstärken. Ist man nachts oder tagsüber immer wieder Lärm ausgesetzt, etwa durch vorbeifahrende Züge, Flugzeuglärm oder laute Maschinen, sollte man zu Gehörschutzmaßnahmen greifen. Auch bei lauten Feiern und Konzerten sind Ohrschutzstöpsel Pflicht.
Doch nicht nur Lärm und laute Musik sind für die Ohren eine Gefahr. Genussmittel wie Alkohol, Nikotin und Koffein verstärken bei vielen Betroffenen ebenfalls die Symptome. Tritt das Piepsen nach dem Genuss immer wieder auf oder verschlimmert es sich, sollte man besser verzichten.
Zudem können bestimmte Medikamente das Klingeln im Ohr verursachen. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Rheuma- und Schmerzmedikamente, darunter Acetylsalicylsäure (ASS). Wer den Wirkstoff in hohen Dosen einnehmen muss und unter Ohrgeräuschen leidet, sollte mit seinem Arzt darüber sprechen. Auch bestimmte Medikamente gegen Depressionen und Bluthochdruck sowie einige Antibiotika und Krebsmedikamente können zu Tinnitus führen. Die Präparate sollten allerdings nicht ohne Rücksprache mit einem Arzt abgesetzt werden.
Patienten mit chronischem Tinnitus können in einer kognitiven Verhaltenstherapie lernen, besser mit dem ständigen Pfeifen im Ohr umzugehen. In einer solchen Therapie üben Betroffene, dem Ohrgeräusch nach und nach weniger Beachtung zu schenken. Idealerweise tritt es in den Hintergrund und wird als weniger beängstigend wahrgenommen.
Author: Ann-Kathrin Landzettel
(Bild-Quelle: Thinkstock by Getty-Images)