Schwerhörigkeit im Berufsleben

Die wenigsten MitarbeiterInnen wagen es, Hörprobleme zuzugeben. Je nach Studien haben aber bis zu 26 Prozent der 21- bis 40-jährigen Schwierigkeiten, Stimmen und Geräusche wahrzunehmen. Die Verheimlichung sorgt für erschwerte Arbeitsbedingungen und beeinträchtigtes Wohlbefinden.

Arbeiten Sie mit Menschen zusammen, die Hörprobleme haben? Höchstwahrscheinlich schon – Sie wissen es nur nicht. Denn die öffentliche Aufmerksamkeit richtet fast immer auf die Altersschwerhörigkeit. Kaum wahrgenommen wird dieses Problem dagegen bei den 21- bis 40-jährigen – also jener Gruppe, die mitten im Berufsleben steht. Gerade bei ihnen verursacht der Hörverlust, der sich mit dem Alter noch verstärkt, aber besondere Schwierigkeiten.

„Je nach Studie haben bis zu 26 Prozent der Erwachsenen in dieser Altersgruppe eine leichte bis schweren Hörminderung. Doch die wenigsten gehen offen damit um. Viele befürchten eine Stigmatisierung und Probleme mit ihrem Arbeitgeber.“ Daher ist die Dunkelziffer in dieser Altersgruppe besonders hoch. Auch ist der schleichende Hörverlust den Betroffenen in seinem Umfang oft nicht voll bewusst, bis er Schwierigkeiten verursacht. In diesem Bereich fehlt es an Wissen. Viele glauben, dass Schwerhörigkeit einfach bedeutet, alles leiser zu hören. Das ist aber meist nicht der Fall. Schwerhörigkeit bedeutet oft, dass man etwa verzerrt hört. Oder man nimmt bestimmte Laute nicht wahr und muss daher immer aus dem Kontext heraus eruieren, ob die Kollegin zum Beispiel gerade ‚Feld‘ oder ‚Held‘ gesagt hat. Hohe Stimmen werden als erstes schwerer verständlich.

Typisch ist bei Schwerhörigkeit, dass die Betroffenen in Situationen mit vielen Hintergrundgeräuschen überfordert sind – wie etwa in Großraumbüros. Resultat ist, dass MitarbeiterInnen viel Energie aufwenden müssen, um ihre Hörschwäche auszugleichen, damit ihre KollegInnen nichts merken. Einerseits leidet natürlich die Effizienz darunter. Aber auch das Wohlbefinden der MitarbeiterInnen ist dadurch stark beeinträchtigt. Isolation, Depressionen und erhöhte Erkrankungs- bzw. Unfallgefahr sind bekannte Folgeprobleme von Schwerhörigkeit. Dabei wäre es relativ einfach, den Arbeitsplatz und die Unternehmenspraktiken so einzurichten, dass auch MitarbeiterInnen mit Hörschwächen ihre Arbeit problemlos erledigen können. Hörgeräte oder Cochlear-Implantate, die von den Betroffenen selbst getragen werden, sind ein Anfang. Auf der technischen Seite können auch Hilfsmittel wie z.B. Telefonverstärker und Lichtsignalanlagen für Türklingeln eine große Erleichterung sein. Spezielle Anlagen zur Tonübertragung ermöglichen es MitarbeiterInnen mit entsprechenden Hörgeräten, beispielsweise das Gesagte in Meetingräumen gut erfassen zu können. Besonders wichtig ist aber die Einrichtung von klaren Regeln für die Kommunikation. Sogenannte ‚Clean Hearing-Practices‘ erleichtern allen, auch ‚normalhörigen‘ MitarbeiterInnen, den Arbeitsalltag.

Clean Hearing-Practices für Büros

  • Raum schaffen, damit MitarbeiterInnen artikulieren können, was sie brauchen, um gut zu hören – denn diese sind selbst ExpertInnen, was das eigene Gehör angeht. Zusagen, die MitarbeiterInnen darin zu unterstützen.
  • Die Raumakustik durch Geräuschdämmung im Büro optimieren: Dazu gehören Raumteiler, Teppiche, Grünpflanzen etc.
  • Im Arbeitsalltag: deutliche Ansprache der KollegInnen mit Namen sowie Blickkontakt – und es spricht immer nur einer gleichzeitig.
  • Meetingkultur: Klare Agenden, die auch eingehalten werden. Kommunikationsregeln, die verhindern, dass durcheinander gesprochen wird.
  • Störlärm vermeiden – z.B. durch eigene Bereiche, in denen beim Arbeiten Ruhe herrscht und andere Bereiche, in denen geplaudert oder auch zum Beispiel Musik gehört werden kann.

Quelle: https://www.myability.org/news/TagdesHoerens