Ein Beitrag von Deutsches Ärzteblatt.
Minneapolis/Davis – Migräne steht in keinem direkten Zusammenhang mit der Entwicklung einer Demenz. Das berichten Wissenschaftler der University of California und anderer Hochschulen in der Zeitschrift Headache (DOI: 10.1111/head.13794).
„Aufgrund der Beteiligung der Hirngefäße an der Migränesymptomatik wird seit längerer Zeit untersucht, ob es Zusammenhänge zwischen der Kopfschmerzerkrankung und dem Auftreten von Gefäßerkrankungen/Schlaganfällen oder dem Verlust kognitiver Fähigkeiten gibt“, erläutert die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN).
Dabei habe sich gezeigt, dass insbesondere Migräneerkrankungen mit Aura mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergehen. Unklar war laut der DGN aber bislang, ob eine Migräne auch einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenzerkrankung darstellt.
In der jetzt vorliegenden prospektiven Studie erhoben die Wissenschaftler die Migräneanamnese mit einem Fragebogen, der sich auf die Kriterien der „International Headache Society“ stützt. Es wurden 12.495 Teilnehmer, analysiert darunter 1.397 Migränepatienten im Alter zwischen 51 und 70 Jahren. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 21 Jahre.
Patienten mit vorbestehender Demenz oder Schlaganfällen wurden ausgeschlossen. Die Diagnose Demenz wurde anhand von kognitiven Tests, neuropsychologischen Untersuchungen und der klinischen Beurteilung von Verdachtsfällen gestellt. Die Inzidenzberechnung beruhte auf den bestätigten Fällen, telefonischen Verlaufskontrollen und der Erfassung von Klinikdiagnosen und Todesursachen.
Die Forscher erfassten bei den Teilnehmern ohne Migräne eine Demenz-Prävalenz von 18,5 %, bei Migränepatienten von 16,7 % und von 15,8 % bei schweren Nicht-Migräne-Kopfschmerzen in der Anamnese. Insgesamt gab es statistisch keine Assoziation zwischen Migräne und der Demenz-Inzidenz.
Die Forscher erfassten zudem Kovariablen, die einen Einfluss auf die Ergebnisse haben könnten, unter anderem Alter, Geschlecht, Abstammung, Bildungsstatus, Einkommen, Nikotin- und Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Body-Mass-Index, Diabetes mellitus, koronare Herzerkrankung und Cholesterin. Auch hier fanden sie keine statistisch bedeutsame Interaktion zwischen Migräne, Demenz und den einzelnen Kovariablen.
„Trotz der Tatsache, dass Migränepatienten in seltenen Fällen Veränderungen im Hirngewebe aufweisen, haben die Betroffenen kein höheres Risiko, eine Demenz zu entwickeln“, lautet das Fazit von Hans-Christoph Diener, Essen, Pressesprecher der DGN. Zum jetzigen Zeitpunkt gebe es keine Hinweise darauf, dass die bei Migränepatienten auftretenden Veränderungen in der weißen Substanz eine klinische Bedeutung oder einen Krankheitswert hätten, so der Experte. © hil/aerzteblatt.de