Kürzlich durchgeführte Studien legen nahe, dass Senioren mit Hörverlust mit höherer Wahrscheinlichkeit an Demenz leiden werden, als solche, die normal hören können. Das genaue Zusammenwirken von Demenz und Hörverlust muss noch weiter untersucht werden, dennoch vermuten die Wissenschaftler, dass die Anstrengungen, die das Gehirn unternimmt, um den Hörverlust auszugleichen, sehr hoch sind. Die dauernde Belastung und die Konzentration auf das Hören könnten demnach zu einer Vernachlässigung der anderen Hirnfunktionen führen. Die Forscher gehen davon aus, dass auch die eingeschränkte Kommunikationsfähigkeit sowie der Entzug von äußeren Sinnesreizen zum geistigen Abbau führen können. Das liegt daran, dass der akustische Cortex, der sich mit der Verarbeitung von Höreindrücken beschäftigt, unmittelbar mit Gebieten verknüpft, die für Lernen und Gedächtnis zuständig sind. Die Lernvorgänge im Gehirn von schlecht hörenden Menschen können deswegen verändert sein und das Abspeichern von Informationen ist erschwert. Außerdem korreliert Schwerhörigkeit und Tinnitus, der mit der Schwerhörigkeit zusammenhängt oft mit Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Stress und manchmal auch depressiven Symptomen. Einige Betroffene ziehen sich zurück und sind sozial isoliert. So nehmen die Möglichkeiten ab, sich mit anderen auszutauschen und aktiv zu sein, was für die kognitive Leistungsfähigkeit ein Risiko darstellt.
Es ist wichtig zu wissen, dass der geistige Abbau von Gehirnleistung in jedem Lebensalter stattfindet, auch wenn das Gehör richtig funktioniert. Jedoch, je stärker die Schwerhörigkeit ausgeprägt ist, desto schneller wird die kognitive Leistungsfähigkeit in Mitleidenschaft gezogen. Im Vergleich zu Personen mit normalem Gehör, haben Menschen mit Schwerhörigkeit auch ein höheres Risiko für Demenz (Lin et al., 2011). So erkrankten Menschen mit leichter, moderater und schwerer Schwerhörigkeit erkranken 2, 3 und 5 Mal öfter an Demenz, als Menschen mit normalem Gehör. Eine andere Studie hat diese Angaben bestätigt. Die Forscher zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit zur Ausbildung einer Demenz bei Menschen mit moderatem Hörverlust 1,4 Mal höher und bei schwerer Schwerhörigkeit 1,6 Mal höher ist (Davies et al., 2017). Eine umfassende Studie aus Deutschland (Fritze et al., 2016), basierend auf den Daten von 154.783 Personen aus dem Zeitraum von 2006 und 2010, gesammelt von der größten deutschen Krankenversicherung mit 14.602 Demenzerkrankungen zeigte ähnliche Ergebnisse. Menschen mit Hörverlust hatten ein 1,2- bis 1,4-fach höheres Demenzrisiko als Menschen mit normalem Gehör. Eine weitere Studie fand einen starken Zusammenhang zwischen Hörverlust und sowohl Demenz, als auch den kognitiven Fähigkeiten (Gallacher et al., 2012). Für jede 10 dB Hörverlust stieg das Risiko für Demenz um den Faktor 2,7. Somit ist das Risiko für Demenz vom Grad der Schwerhörigkeit abhängig.
Man sieht also, wie wichtig es ist, das Gehirn auf Trab zu halten: Soziale Kontakte, aktive Hobbys und Hirnleistungstraining sind ein Segen für die Konzentrationsfähigkeit und das Gedächtnis. Verschiedene Therapiemöglichkeiten, unter anderem zur körperlichen Entspannung und zur Stressregulation, helfen den Betroffenen mit Tinnitus und Stress umzugehen, fördern soziale Integration und wirken dem sozialen Rückzug entgegen.