Nicht behandelter Hörverlust bedeutet für die Betroffenen sozialen Abstieg und Isolation. In der EU sind mehr als 55 Millionen Erwachsene schwerhörig, aber die wenigesten lassen sich vom Arzt ein Hörgerät verschreiben.
Wissenschaftler der South Bank University in London haben unter der Leitung von Bridget Shield eine Studie mit dem Titel „Evaluation der sozialen und ökonomischen Folgen von Hörschwäche“ veröffentlicht. Ihre Auswertung internationaler wissenschaftlicher Arbeiten kam zu dem Ergebnis, dass 16 Prozent der europäischen Bevölkerung an einem Hörverlust von mehr als 25 Dezibel leiden. Allerdings nutzen nur 2,5 Prozent aller Erwachsenen ein Hörgerät. Das bedeutet, dass ein Großteil der Betroffenen nichts gegen ihr Handicap unternimmt.
In der Europäischen Union leiden rund 55,5 Millionen Erwachsene an Schwerhörigkeit. In einem erweitertenEuropa (ohne Türkei und Russland) liegt diese Zahl bei etwa 71,5 Millionen. Laut Studie kosten behandelte und nicht behandelte Hörverluste in der Europäischen Union jährlich 224 Milliarden. Für Deutschland belaufen sich die Kosten auf über 30 Milliarden Euro jährlich. In diesen Zahlen sind noch keine Erwerbs- und Steuerausfälle aufgrund von Arbeitsunfähigkeit oder Frühpensionierung enthalten. Die Berechnungen basieren auf Zahlen der Europäischen Kommission.
In der Europäischen Union sind mehr als 4,2 Millionen Menschen mit schlechtem Gehör arbeitslos. Zahlen aus Großbritannien zeigen, dass die Anzahl arbeitsloser Personen mit beeinträchtigtem Hörvermögen rund zehn Prozent über der Quote Normalhörender liegt. Hörbehinderte Menschen verdienen laut der Studie auch nur etwa 85 Prozent des Einkommens von Arbeitskräften mit gesundem Hörorgan. Der Anteil frühpensionierter Menschen mit Hörbehinderung ist deutlich höher als der normal hörender Personen.
Die Studie kam auch zu dem Ergebnis, dass weniger als ein Sechstel der hörbehinderten Menschen ein Hörgerät nutzen. Wenn sie allerdings zu einer Hörhilfe greifen, sind über 70 Prozent mit ihrem Gerät sehr zufrieden. Auffallend war auch, dass die meisten Schwerhörigen sehr lange warten, bis sie die Hilfe eines Spezialisten suchen. Das liegt vermutlich daran, dass eine Hörbehinderung mit dem Alter verbunden wird, und jüngere Schwerhörige ihre Schwäche nicht wahrhaben wollen.
Aus der Studie geht hervor, dass ein Hörgerät die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert. Das hätten die Ergebnisse der verschiedenen internationalen Forschungsprojekte sehr konsistent ergeben.Menschen mit Hörgeräten haben nicht nur ein aktiveres soziales Leben und mehr persönliche Kontakte als hörbehinderte Personen ohne Hörhilfe. Sie sind auch allgemein in einem besseren Gesundheitszustand. Besonders ihr Selbstvertauen und ihr Selbstbild profitiert von der ungestörten Kommunikation mit der Umwelt.
Quelle: https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/hoeren/schwerhoerigkeit_aid_64999.html