Spannender Beitrag von Wissenschaft.de
Erstaunlich feinen Spezialisierungen auf der Spur: Im auditorischen Cortex des Gehirns sitzt nicht nur eine Art Musikzentrum – es gibt auch eine Nervenzell-Gruppe, die speziell auf die Wahrnehmung von Gesang eingestellt ist, berichten Forscher. Diese Neuronen reagieren auf menschliche Laute in gesungener Version, aber kaum auf Sprache oder Instrumentalmusik. Dies geht aus Untersuchungen mittels funktioneller Magnetresonanztomographie in Kombination mit der Aufzeichnung der Nervenaktivität durch Elektroden im Gehirn von Epilepsie-Patienten hervor. Wie und warum die „Gesangs-Neuronen“ so speziell reagieren, sollen nun weitere Untersuchungen klären.
Das Gehirn ist und bleibt das geheimnisvollste aller Organe: Wie dieses Gebilde aus unzähligen und komplex miteinander verbundenen Nerven unsere geistigen Fähigkeiten hervorbringt, gibt Wissenschaftlern noch immer viele Rätsel auf. Klar ist, dass es bestimmte Zuständigkeitsbereiche gibt – Regionen und Gruppen von Neuronen, die bestimmte Aufgaben übernehmen. So werden beispielsweise im motorischen Cortex Bewegungsabläufe gesteuert, für die Verarbeitung von Höreindrücken ist hingegen der auditorische Cortex zuständig. Neben diesen groben Einteilungen konnten Forscher in den letzten Jahren auch immer feinere Spezialisierungen auf bestimmte Aspekte in verschiedenen Hirnzentren aufzeigen. Dieser Herausforderung widmet sich auch das Team um Nancy Kanwisher vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge.
Dem neuronalen Echo der Musik auf der Spur
Konkret gehen die Forscher der Frage nach, wie Musik im auditorischen Cortex verarbeitet wird. Die aktuelle Veröffentlichung baut dabei auf einer früheren Studie auf, in der das Team bereits eine Population von Neuronen identifizieren konnte, die speziell auf Musik reagiert. Bei dieser Studie kam die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) zum Einsatz, die Aktivitäten in bestimmten Hirnbereichen aufzeigen kann. Die Forscher scannten dazu die Gehirne von Probanden, während sie 165 Geräusche unterschiedlicher Kategorien hörten – darunter verschiedene Arten von Sprache und Musik sowie Höreindrücke wie Hundegebell. Durch ein spezielles Analyseverfahren der fMRI-Daten konnten die Wissenschaftler dabei neuronale Populationen mit unterschiedlichen Reaktionsmustern identifizieren – darunter eine, die auf Sprache reagiert und eine weitere, die speziell auf Musik anspricht.
Nun zeigen die Forscher, dass sich die neuronale Spezialisierung durch eine neue Kombinations-Methode noch weiter aufschlüsseln lässt. Sie nutzten dazu Daten, die durch das Verfahren der sogenannten intrakraniellen Elektroenzephalographie (EkoG) generiert wurden. Dabei werden Aktivitätsmuster von Nerven durch im Schädel platzierte Elektroden erfasst. Das invasive Verfahren dient normalerweise der Untersuchung von Epilepsie-Patienten im Rahmen ihrer Behandlung. Die Sonden können genauere Einblicke liefern als das fMRT-Verfahren, bei dem der Blutfluss im Gehirn als Hinweis auf die Neuronenaktivität genutzt wird. „Die Daten, die wir bisher sammeln konnten, sagten uns, dass hier ein Teil des Gehirns etwas tut. Wir wollten nun genauer wissen, was wo verarbeitet wird“, so Kanwisher.