Stuttgarter Nachrichten, Caroline Holowiecki.
Am 3. März ist der Welttag des Hörens. Was es bedeutet, andere im Alltag nicht gut zu verstehen, weiß Susanne Strohbücker aus Stuttgart-Heumaden. Sie ist schwerhörig und musste erst lernen, dazu zu stehen.
Heumaden – Zum Wasser mit Zitrone kredenzt Susanne Strohbücker einen portablen Lautsprecher. Aus ihm dringt eine Stimme. Sie klingt gedämpft, erstickt, komplett unverständlich. Als werde der Person beim Reden ein Kissen aufs Gesicht gedrückt, doch dem Sprecher geht es gut. Das Problem liegt anderswo. Die Tonaufnahme simuliert, was ein Schwerhöriger versteht. Quasi nichts.
Susanne Strohbücker kennt dieses undeutliche Gemurmel, das für sie klingt „wie schmutziges Wasser“. Sie ist schwerhörig. Am linken Ohr trägt sie ein konventionelles Hörgerät, am rechten ein Cochlea-Implantat, das ist eine Hörprothese, die den Schall in elektrische Signale umwandelt und sie direkt zum Hörnerv leitet. „Das ist hochtechnisch. Eine tolle Erfindung“, sagt sie. Die Hilfsmittel sind unter ihrem vollen roten Haar unsichtbar. Doch geben sie ihr Lebensqualität. „Unbedingt“, sagt sie. „Mein Mann ist dem Arzt um den Hals gefallen. Ich habe eine neue Frau, hat er gesagt.“
Was der Auslöser für den Hörschaden war, ist unklar
Schwerhörig, das sind doch nur Omas. Tatsächlich hat Susanne Strohbücker drei Enkel. Ihr frisches Gesicht verrät nicht, dass sie auf die 70 zugeht. Doch das schlechte Gehör ist keine Alterserscheinung. Als kleines Kind habe sie noch keine Einschränkungen gehabt, „deswegen konnte ich normal sprechen lernen“, doch in der Schule sei es losgegangen. Sie erinnert sich, wie sie nicht verstehen konnte, was Mitschüler ihr einflüsterten. Und was war der Auslöser für den Hörschaden? Unklar. Eine Infektion möglicherweise oder ein Medikament, sagt sie, vielleicht ist es auch eine angeborene Schwäche. Die Strohbückers haben drei Kinder. Zwei von ihnen hören ebenfalls schlecht.
Mit Anfang 20 trug Susanne Strohbücker ihr erstes Hörgerät. Später verschlechterten Hörstürze die Situation zusätzlich. Peinlich sei ihr das gewesen. Sie habe sich geniert, andere anzusprechen, sie zu bitten, das Gesagte zu wiederholen. Für sie als Innenarchitektin sei die Kommunikation doch so wichtig gewesen. „Man zieht sich zurück“, erklärt sie. Wer nicht gut hören könne, stehe abseits. „Man muss selber dazu stehen, dass man behindert ist“, sagt sie. Es sei ein langer Prozess gewesen.
Familientreffen seien herausfordernd
Das Gespräch findet auf der Terrasse der Strohbückers in Heumaden statt. Auf der Straße spielen Kinder. Hummeln schwirren brummend umher, Amseln wühlen im Laub. Susanne Strohbücker kann das dank der Technik hören, wie sie sagt. Einschränkungen hat sie trotzdem. Nachts, wenn sie beide Geräte ablege, sei sie auf ihren Mann angewiesen. Tagsüber tue sie sich schwer, wenn mehrere Menschen gleichzeitig reden. „Ich kann ein fremdes Gespräch nicht ausblenden“, erklärt sie.