Artikel von Hallo München ■
In dem dritten Teil unserer Gesundheits-Serie geht es um Lärmschwerhörigkeit. Wie die Arbeit dazu führen kann und was man dagegen tun kann, erklärt ein HNO-Arzt.
„Gesund in Serie“ – unter diesem Motto beleuchtet Hallo München wöchentlich Themen der Medizin. Derzeit liegt der Fokus auf Berufskrankheiten. In diesem Teil der Serie erklärt Dr. Franz Kotz von der HNO-Klinik Dr. Gaertner in Bogenhausen, wie es zu arbeitsbedingter Lärmschwerhörigkeit kommt und warum entsprechender Gehörschutz so wichtig ist.
Fast 7000 Fälle von Lärmschwerhörigkeit registrierten die Berufsgenossenschaften allein im Jahr 2019. Sie ist die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit – wenngleich die Zahlen sinken. Als „Altlasten“ bezeichnet Dr. Franz Kotz von der HNO-Klinik Dr. Gaertner in Bogenhausen viele der diagnostizierten Fälle.
„Es sind mehr Männer als Frauen betroffen. Und diese Männer haben meist 20 Berufsjahre oder mehr auf dem Buckel“, so Kotz. Schlosser, Schreiner, Soldaten, aber auch Musiker sind häufig betroffen. Berufsgruppen, bei denen man früher oftmals nicht auf entsprechenden Hörschutz geachtet hat.
Dabei sei Prävention immens wichtig, denn: „Sind die Haar-Sinneszellen durch hohe Lärmbelastung geschädigt, hilft auch kein Hörgerät mehr.“
Dauer und Intensität des Lärms – diese beiden Faktoren sind entscheidend, wenn es um berufsbedingte Schwerhörigkeit geht. „Das kann der Fall sein, wenn ein Schreiner viele Jahre ohne Schutzmaßnahmen der Kreissäge ausgesetzt war. Oder jemand erleidet ein Knalltrauma. Dann reichen ein paar Millisekunden, beispielsweise bei einem Schuss aus einer Waffe, um das Gehör nachhaltig zu schädigen.“
Trifft Schall auf die Ohrmuschel, wird er über den Gehörgang zum Trommelfell weitergeleitet. Hammer, Amboss und Steigbügel geben den mechanischen Reiz an das Innenohr weiter. Dort befindet sich die Hörschnecke mit den äußeren und inneren Haar-Sinneszellen.
„Die äußeren sorgen für eine Verstärkung bei schwachen sowie für eine Dämpfung bei starken Signalen“, erklärt Kotz. Weil die meisten Haarzellen für einen bestimmten Frequenzbereich zuständig sind, können Betroffene, wenn diese beschädigt sind, die entsprechenden Frequenzen nur schwer oder auch gar nicht mehr wahrnehmen.
Wirklich kritisch wird es ab einem Pegel von 85 Dezibel
„Für die entsprechende Diagnose muss beim Audiogramm eine bestimmte Hörkurve herauskommen“, sagt Kotz. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die Berufsgenossenschaft sich den Verdachtsfall anschaut, eine Minderung der Erwerbstätigkeit prüft und gegebenenfalls die Kosten für ein Hörgerät übernimmt.
Ein mitunter hoher Geräuschpegel im Großraumbüro kann übrigens nicht zu einer arbeitsbedingten Schwerhörigkeit führen. „Reizüberflutung kann natürlich Stress auslösen. Leistungsschwäche oder Tinnitus können die Folge sein“, so Kotz. Wirklich kritisch wird es ab einem Pegel von 85 Dezibel – das ist vergleichbar mit der Lautstärke eines Rasenmähers.
In diesen Fällen müssen Betriebe ihren Beschäftigten einen Gehörschutz anbieten. „Mit einem pegelgesteuerten Kapselgehörschutz erreicht man die beste Dämmung – das sind diese großen Kopfhörer, die Mitarbeiter auf dem Flughafenrollfeld tragen.“ Normale Ohrstöpsel gibt es nur in Standardgrößen, wenn diese nicht richtig sitzen, ist ihre Wirkung geringer.
Daher lohnt sich der Gang zum Akustiker. Mit einem Abdruck fertigt dieser eine Otoplastik an, also ein Ohrpassstück, das auf den individuellen Gehörgang abgestimmt ist.