Neuigkeiten aus der Hörforschung aus dem Aerzteblatt.
Berlin – Ältere Menschen, die nicht mehr gut hören und noch dazu schlecht sehen, haben ein erheblich erhöhtes Demenzrisiko. Das zeigt eine Studie aus den USA. Durch Hör- und Sehtests ließen sich möglicherweise Senioren mit einem hohen Risiko für die Entwicklung einer Demenz identifizieren, schreiben die Autoren in JAMA Network Open (2022; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.10734).
„Es wurde bereits gezeigt, dass Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens individuell mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert sind“, berichten Phillip Hwang vom Department of Anatomy & Neurobiology an der Boston University School of Medicine, Boston, und seine Kollegen.
Aber viele ältere Menschen weisen sowohl Probleme mit dem Gehör als auch mit den Augen auf. Welche Effekt Auswirkungen diese duale sensorische Beeinträchtigung auf das Demenzrisiko habe, sei ungeklärt gewesen, so die US-Forscher.
In einer prospektiven Kohortenstudie untersuchten sie 2.927 Menschen über 65 Jahren aus 4 Städten in den USA. Während einer bis zu 8 Jahre langen Nachbeobachtung fanden Hör- und Sehtests sowie ein MRT-Untersuchung des Kopfes und eine modifizierte Mini-Mental State Examination statt. Zu Studienbeginn hatte keiner der im Schnitt 74,6 Jahre alten Teilnehmenden eine Demenz.
Assoziation mit Alzheimererkrankung ist am stärksten
Es zeigte sich, dass eine gleichzeitige Einschränkung von Hör- und Sehvermögen mit einem um 160 % erhöhten Risiko für Demenz assoziiert war (HR 2,60 [95-%-KI 1,66-2,06]; p<0,001). Das Risiko für eine Alzheimererkrankung war bei einer dualen sensorischen Beeinträchtigung um 267% erhöht (HR 3,67 [95-%-KI 2,04-6,60]; p<0,001).
Das Risiko für vaskuläre Demenz dagegen unterschied sich nicht signifikant von dem bei Senioren ohne Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens beobachteten Risiko (HR 2,03 [95-%-KI 1,00-4,09]; p=0,05).
Kausalität von Hör- und Sehverlust muss noch gezeigt werden
„Zusammengefasst deuten diese Daten darauf hin, dass ältere Menschen mit einer dualen sensorischen Beeinträchtigung ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Demenz haben, speziell einer Alzheimererkrankung“, schreiben die Autoren um Hwang.
Es seien weitere Studien nötig, um herauszufinden, ob die sensorischen Beeinträchtigungen ein kausaler Risikofaktor oder ein Marker für eine beginnende Demenz sind.
„Angesichts der erwarteten Zunahme an Demenzerkrankungen in den kommenden Jahrzehnten, legen unsere Ergebnisse nahe, dass die Überprüfung von Hör- und Sehvermögen in der Demenzprävention eine wichtige Rolle spielen sollte.“ © nec/aerzteblatt.de