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Leipzig – Hörbeeinträchtigungen – aber nicht Sehbeeinträchtigungen – könnten ein starker Risikofaktor für Demenz bei Senioren sein. Das berichten Wissenschaftler vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig zusammen mit Forschern aus Hamburg, Bonn und Hannover. Ihre Arbeit ist im Journal of the American Geriatrics Society erschienen (2021; DOI: 10.1111/jgs.17074).
Die Wissenschaftler bezogen rund 3.500 Teilnehmer über 75 Jahre in ihre prospektive bevölkerungsbasierte Kohortenstudie ein. Sie erfassten die gesundheitliche Situation der Teilnehmer in neun Follow-Up-Runden über rund 20 Jahre.
„Insgesamt 30 % der Teilnehmer berichteten am Anfang der Studie über eine Hörminderung und gut 1/4 der Teilnehmer entwickelte im Laufe der Zeit eine Demenz. Es zeigte sich, dass Schwerhörigkeit ein signifikanter, unabhängiger Risikofaktor für eine Demenzentwicklung ist. So war das längsschnittliche Erkrankungsrisiko für Teilnehmer mit einer Hörminderung um 16 % erhöht“, erläuterte Alexander Pabst. Er ist zusammen mit Jonathan Bär Erstautor der Studie.
Die Forschenden halten auf der Basis ihrer Ergebnisse sogenannte kombinierte Interventionen zum Erhalt der kognitiven Leistung für besonders vielversprechend. Dazu gehören zum Beispiel mehr körperliche und geistige Aktivität, gesunde Ernährung, gute Einstellung des Blutdrucks und des Blutzuckers bei entsprechenden Erkrankungen (Bluthochdruck, Diabetes) und eben auch die frühzeitige Behandlung von Hörbeeinträchtigungen. Eine solche umfassende Strategie könnte einen nachhaltigen positiven Effekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität älterer Menschen haben, so die Forscher.
„Die Erkenntnisse der Studie haben wichtige Auswirkungen auf die Versorgung. Auch wenn die biologische Verbindung zwischen Hörstörungen und Demenz weiterer Untersuchungen bedarf, so zeigen die Daten doch eindrücklich, dass der Fokus auf vermeidbare Risikofaktoren das individuelle Demenzrisiko erheblich verringern kann. Ansätze zur Prävention geistiger Abbauprozesse sollten sich das zunutze machen“, sagte Steffi Riedel-Heller, Direktorin des ISAP. © hil/aerzteblatt.de