Zwanzig Prozent der Erwachsenen in Europa und 36 Prozent der über 55jährigen haben einen Hörverlust von 30 Dezibel und sind damit in ihren Kommunikationsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Etwa zwei Drittel ertragen die Kommunikationsstörung als unabwendbares Schicksal. Mit einem Hörgerät könnte Lebensqualität zurückgewonnen werden. Dies geht aus einer Kosten-Nutzen-Studie der Universität Maastricht hervor, die Ende Mai in Brüssel auf dem internationalen Kongreß «Die Welt des Hörens» vorgestellt wurde. Den Kongreß hatten der Verband der europäischen Hörgerätehersteller (EHIMA), die Vereinigung europäischer Akustiker (A.E.A.) und die internationale Föderation der Schwerhörigen (I.F.O.H.) veranstaltet.
Im Mittelpunkt der Studie stand der «Qualy», ein «Nutzwert» für Lebensjahre mit veränderter Lebensqualität, den man in epidemiologischen Studien errechnet hat. Dabei werden sämtliche Kosten für eine ärztliche Intervention gegen die vermeidbaren Folgekosten aufgerechnet, ein Gesamtwert für Lebensqualität bestimmt und der so errechnete «Nützlichkeitswert» mit der Anzahl der Jahre, in denen der Effekt andauert, multipliziert. In der «Qualy»-Rangliste zählen die Hörgeräte nach dem Ergebnis der Maastricht-Studie zur Spitzengruppe der Top Ten. In der Maastricht-Studie hat man in einem «Flußmodell» sämtliche Kosten ermittelt, die bei Hörgeräten anfallen. Dem stellt man die Kosten gegenüber, die anfallen, wenn keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Dabei wird nämlich keineswegs «gespart», sondern es entstehen «versteckte Kosten»: Wer schlecht hört, meidet häufig soziale Kontakte, verliert Selbstvertrauen, resigniert und wird depressiv. Trotzdem werden Hörschwierigkeiten oft nicht als gesundheitliches Problem eingestuft. Unterschiedliche Kostenerstattung.
Ein Hörgerät zu akzeptieren fällt den Betroffenen schwer. Einer der Hauptgründe für die geringe Akzeptanz der Hörhilfen wird in einer mangelnden Aufklärung gesehen. Viele Schwerhörige wissen nicht, wie ihnen geholfen werden kann, oder haben wenig Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Geräte. Auch sind Hörhilfen immer noch mit dem Stigma «alt und hinfällig» belastet.
Die Kosten für die Hörgeräteversorgung werden in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich erstattet, in der Mehrzahl ist die Haltung jedoch eher restriktiv. In einigen Ländern trägt die Sozialversicherung die Kosten überhaupt nicht, in anderen werden sie voll oder teilweise finanziert. Auch die Rechtsvorschriften für die Verschreibung, die Berufsausbildung und die optimale Anpassung sind nicht einheitlich geregelt. Doch das soll sich allmählich ändern: Die Europäische Union hat dazu eine Verordnung herausgebracht, über die sich die Mitgliedsländer langsam, aber stetig angleichen werden.