Artikel von t-online ■
Hörverlust im Alter erhöht das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Das belegen Studien. Hörgeräte helfen, dem Prozess entgegenzuwirken.
Im Alter lässt das Hörvermögen nach. Der Prozess ist schleichend und wird oft lange Zeit nicht wahrgenommen. Irgendwann aber beeinträchtigt die Schwerhörigkeit den Alltag und das Sozialleben erheblich. Darunter leiden auch die kognitiven Fähigkeiten.
Schlechtes Hörvermögen begünstigt Demenz
Die Zahl demenzkranker Menschen nimmt weltweit zu – in Deutschland sind es etwa 1,6 Millionen. Experten schätzen, dass bis 2050 rund 2,8 Millionen Personen an Demenz leiden werden. Neben einer genetischen Veranlagung und dem Alter sind schon lange verschiedene Risikofaktoren bekannt, die langfristig zum Verlust kognitiver Fähigkeiten und der Entwicklung einer Demenz beitragen.
Außer Rauchen, Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Adipositas (Fettleibigkeit) und sozialer Isolation gehört auch unbehandelte Schwerhörigkeit zu den sogenannten modifizierbaren (beeinflussbaren) Risikofaktoren. Es gilt als wissenschaftlich erwiesen, dass durch die konsequente Vermeidung aller genannten Faktoren ein Drittel der Demenzfälle verhindert werden könnte.
Warum hören Menschen im Alter schlechter?
Die Altersschwerhörigkeit beginnt im Innenohr in der sogenannten Hörschnecke, die feine, bewegliche Haarzellen enthält. Sie nehmen den Schall auf und wandeln dabei die akustischen Wellen in elektrische Signale um. Im Alter verkümmern diese Zellen nach und nach, sodass akustische Reize schlechter wahrgenommen werden. Es kommt zu Schwerhörigkeit.
Hörhilfen helfen, fit im Kopf zu bleiben
Wie groß der Nutzen von Hörgeräten bei der Demenzprävention ist, konnten Forscher im Rahmen einer groß angelegten Metastudie beweisen.
Von 3.243 gescreenten Studien wurden die Daten von insgesamt 137.484 Teilnehmenden aus 31 Beobachtungsstudien ausgewertet. Das Ergebnis zeigte, dass die Verwendung von Hörhilfen langfristig mit einem um 19 Prozent niedrigeren Risiko für jede Art des kognitiven Abbaus einherging. Zudem belegten elf Studien einen Zusammenhang zwischen hörverbessernden Maßnahmen und einer Verbesserung kognitiver Leistung (um drei Prozent).
«Dass Demenzprävention überhaupt möglich ist, ist bisher in unserer Gesellschaft noch gar nicht richtig angekommen – nicht bei jedem Einzelnen, besonders nicht in jungen Altersgruppen, auch nicht bei allen Ärztinnen und Ärzten», sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Professor Peter Berlit. Umso wichtiger sei es, dass möglichst viele Menschen darüber informiert seien, welche Maßnahmen zur Erhaltung der geistigen Fitness beitragen.
Das Gehirn speichert Erlebtes nicht mehr richtig ab
Bereits in einer früheren Studie konnten Forscher nachweisen, dass die synaptische Plastizität im Hippocampus durch den jeweiligen Verlust des Hörvermögens beeinträchtigt ist.
Dieser Teil des Gehirns ist für das Lernen und das Gedächtnis zuständig. Die synaptische Plastizität ermöglicht die langfristige Speicherung von Erlebnissen, dadurch werden Erinnerungen gebildet und festgehalten. Die Verteilung und Dichte von Botenstoffrezeptoren änderte sich stetig. Mit Fortschreiten der Schwerhörigkeit verstärkten sich auch die negativen Effekte im Gehirn.
Experten empfehlen Vorbeugemassnahmen
Demenz ist eine der Hauptursachen für Pflegebedürftigkeit im Alter. Die frühzeitige Behandlung von Hörproblemen ist also wichtig, um den geistigen Abbau im Alter aufzuhalten. Auch wenn die biologische Verbindung zwischen Hörstörungen und Demenz weiterer Untersuchungen bedarf, so zeigen die Studien doch, dass der Fokus auf vermeidbare Risikofaktoren das individuelle Demenzrisiko erheblich verringern kann.